Dhaka aus der Luft
Dhaka 31.08.2005
Namaskar shobai!
Nun bin ich in Dhaka, morgen fange ich an im Goethe-Institut zu arbeiten.
Am Dienstag bin ich nach einem Abschiedsessen mit den Leuten von BITA nach Dhaka geflogen. Mit einer Propellermaschine ohne Rettungswesten und Sauerstoffmasken. Laut Sicherheitsbroschüre sollte man im Fall der Fälle die Sitzfläche abmachen und sich daran festhalten. Vor dem Start kam aus sämtlichen Ritzen des Fliegers kalter Dampf und den ganzen Flug über hat die Maschine ziemlich vibriert. Für mich, ein von europäischen Sicherheitsvorkehrungen verwöhnter Passagier war das alles etwas gewöhnungsbedürftig, aber ich bin ja heil gelandet. In Dhaka hat mich der Bibliotheksleiter des Goethe-Instituts vom Flughafen abgeholt. Er hat in der Schweiz Deutsch gelernt und spricht dementsprechend mit einem lustigen schweizerischen Akzent!
Mein neues Gästehaus gehört zu einer kleinen NRO und liegt im Viertel Shyamoli, im Westen von Dhaka. Ein Stockwerk steht vornehmlich deutschen Freiwilligen zur Verfügung. Momentan sind noch zwei Deutsche hier und zwei Holländer, die für die NRO arbeiten. Hier gibt’s Internetanschluss! Habe allerdings jetzt zwei Tage gebraucht um sieben E-Mails zu lesen. Ihr seht also, die Geschwindigkeit hat sich nicht unbedingt geändert. Dafür gibt es weniger Stromausfälle – in der Hauptstadt ist die Infrastruktur besser.
Mein erstes Abenteuer habe ich auch schon überstanden:
orientierungslos in Dhaka! Am Mittwoch war ich bei der deutschen
Botschaft in Gulshan, dem reicheren Viertel des Stadt, in dem die
meisten Botschaften sind, Clubs und Wohnungen der Ausländer. Es ist
etwa acht Kilometer vom Gästehaus entfernt und ich habe mir von meinem
Gastgeber genau erklären lassen, was die Fahrt ungefähr kosten sollte
und welche Stichworte ich dem CNG-Fahrer sagen soll, damit er weiß
wohin ich will. Das Viertel ist in Blöcke eingeteilt und ich musste
nach Gulshan Dui (Gulshan 2), was der Fahrer auch gefunden hat. Gulshan
Dui stellte sich allerdings als riesige Kreuzung heraus, umgeben von
riesigen, modernen Videowerbetafeln! Aber wo ist die Botschaft? So
stand ich dann da, umzingelt von Kindern und bin erst einmal in eine
Richtung gelaufen, die laut Karte (Mit der außer mir hier niemand was
anfangen kann, wie sich noch herausstellen sollte.) die richtige sein
könnte. Tatsächlich bin ich irgendwie zur Botschaft gelangt. Da ich
aber blöderweise meinen Pass vergessen hatte, war nicht viel zu holen.
Ich habe mich noch mit einer anderen Studentin aus Halle getroffen, die
auch ein Praktikum in Dhaka macht und in Gulshan wohnt, bevor ich den
Rückweg nach Shyamoli angetreten habe.
Der Fahrer hat mich dann auch in Shyamoli herausgelassen, nur leider im
Block „Kha“. Blöcke sind hier einfach alphabetisch nummeriert, und ich
bin den Tücken der bengalischen Sprache erlegen, denn mein Gästehaus
liegt im Block „Ka“, wobei beide Buchstaben leicht unterschiedlich
ausgesprochen werden. Und ich habe natürlich voll daneben gegriffen.
Naja, so stand ich da und der Fahrer und ich wussten nicht wo ich
eigentlich hin will, und nun stellte sich heraus, dass außer mir keiner
etwas mit meiner tollen Straßenkarte anfangen kann! Ich habe versucht
meinen Gastgeber anzurufen, aber anscheinend kann ich mit meinem Handy
hier nur Handys anrufen und keine Festnetznummern – auf jeden Fall hat
es nicht geklappt. Also habe ich irgendjemanden angesprochen ob er mir
helfen kann und glücklicherweise sprach er Englisch, brachte mich mit
in einen Laden mit Telefon, ich rief meinen Gastgeber an, der erklärte
einem sofort hinzu geholten Rikschafahrer den Weg, und meine netten
Helfer setzten mich auf die Rikscha. Zuvor bekam ich noch die
Visitenkarte meines Retters – und welch ein Zufall, er hat in einem
anderen Stadtteil ein Stoffgeschäft! Da meine Mama Schneiderin ist und
ich ihr versprochen habe, Stoffe mitzubringen, war mein Irrweg doch
wieder zum Glücksweg geworden. Ich habe also mein erstes kleines
Abenteuer überstanden und die Hilfsbereitschaft der Bangladeschis
erfahren!